9.11

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Regierungsmitglieder! Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden heute wohl in der Budgetdebatte von Karl Nehammer und Werner Kogler wieder das hören, was sie die letzten Jahre zur Perfektion gebracht haben. Selbst wenn die reale Lebenssituation der Menschen eine andere ist und wenn die Fakten dem widersprechen, werden sie uns heute erzählen, wie toll das Krisenmanagement der österreichischen Bundesregierung ist, wie toll sie Österreich durch die Krise gebracht haben. Als Beleg dafür wird uns die Regierung vorlegen, dass keine Regierung in ganz Westeuropa so viel Geld ausgegeben hat wie diese Bundesregierung. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP sowie Bravoruf bei der ÖVP.)

Als wäre Schuldenmachen allein eine Leistung! Die Frage ist doch vielmehr, sich zu überlegen, wofür denn das Geld ausgegeben wurde. Wir gehören heute im Vergleich zu unseren westeuropäischen Nachbarn zu den Ländern mit dem schlechtesten Wirtschaftswachstum, wir sind das Land mit der höchsten Inflationsrate und mit den höchsten Schulden. Dieses Kunststück muss man als Bundesregierung schaffen: eine Rekordinflation auf der einen Seite und Rekordschulden auf der anderen Seite. Das ist das Ergebnis der schwarz-grünen Politik.

Mich erinnert das ein bisschen an zwei Feuerwehrleute. Werner Kogler und Karl Nehammer kommen nach der Brandbekämpfung zusammen und werden gefragt: Habt ihr es geschafft, den Brand zu löschen? Die werden sagen: Nein, es brennt schon noch ordentlich – wenn man sich die Inflation anschaut –, aber wir haben am meisten Wasser verbraucht! Als wäre das allein eine Leistung: am meisten Wasser zu verbrauchen und nicht den Brand zu löschen! (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist das Ergebnis, wenn man einfach nicht hinhören möchte und nicht schaut, was andere Staaten besser machen, wenn man nicht auf Vorschläge der Opposition hört. Alle anderen Staaten haben in den Markt eingegriffen, haben versucht, ganz konkret auch Preise zu senken. Die Schweiz etwa hätte nie im Leben zugelassen, dass die Mieten dermaßen explodieren. Ein Viertel der Menschen in Österreich kann sich im Moment das Wohnen kaum noch leisten. (Zwischenruf des Abg. Lukas Hammer. – Abg. Wöginger: Weißt du eh, was die Mieten in der Schweiz ...?)

In Österreich hat man uns nach monatelangen Streitereien eine Mietpreisbremse versprochen, es war dann eher so ein Schmähpreisdeckel, und dann hat es geheißen, aber spätestens ab 1. Oktober wird es diesen Schmähpreisdeckel geben. Bis heute gibt es gar nichts, und die Menschen haben jetzt um die Weihnachtsfeiertage schon wieder Sorgen, wie die Mieten im nächsten Jahr steigen werden.

Spanien hat im Strombereich, in der Energieversorgung eingegriffen und hat versucht, Preise zu senken. In Österreich sind die Einzigen, die davon profitiert haben, die Energiekonzerne gewesen. Da hat es Milliardengewinne gegeben, da war die Regierung nicht in der Lage, gegenzusteuern.

In Frankreich hat man sich das angeschaut und gesagt, wenn es im Bankensektor Probleme gibt, dann muss man gegensteuern. Man hat die Zinsen einerseits für die Menschen, die ein paar Euro am Sparbuch haben, geregelt und andererseits für die Häuslbauer, die Kredite aufgenommen haben. In Österreich erleben wir Milliardengewinne bei den Banken und keine Maßnahmen der österreichischen Bundesregierung.

Ganz besonders schlimm ist es, wenn die Leute beim täglichen Einkauf im Supermarkt stehen. Da hat es Länder gegeben, die zum Beispiel die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel gesenkt haben. In Österreich ist gar nichts passiert. Es hat einen Bericht der Bundeswettbewerbsbehörde gegeben, nachdem man monatelang nur diskutiert hat und gar nichts getan hat, und wir wissen nun, dass man in Österreich als Haushalt pro Jahr 1 000 Euro mehr zahlt als beispielsweise in Deutschland. Jetzt könnte man meinen, man hat eine Regierung, die da auch etwas tut, aber passiert ist gar nichts in diesem Bereich! Da ist gar nichts passiert, man greift nicht ein und weigert sich, gegenzusteuern.

Die grundsätzliche Frage für die Zukunft ist: Wer wird denn das alles bezahlen? Wenn man sich das Budget der Regierung anschaut, dann wissen wir, es sind nicht die Organisationen, die Milliardengewinne machen, sondern es ist die breite Masse der Bevölkerung. Das sind 7 Milliarden Euro mehr, höhere Einnahmen von den Menschen, die tagtäglich zur Arbeit gehen und unser Land am Laufen halten, und 7 Milliarden Euro weniger Steuern für Konzerne und auf Vermögen. Das ist die Politik der österreichischen Regierung. Leidtragend ist die breite Masse: Das ist die österreichische Bevölkerung, die von der Regierung doppelt und dreifach zur Kasse gebeten wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Ganz besonders schlimm ist es, weil man jetzt schon Opfer gefunden hat und man fragt, wer denn verantwortlich dafür ist. Und das sind plötzlich die Pensionistinnen und Pensionisten. Die sind plötzlich schuld an den Milliardenausgaben (Abg. Wöginger: Wer sagt denn das?), darüber gibt es jetzt Debatten. (Abg. Steinacker: Geh bitte!) – Gust Wöginger, du warst der Erste, der damit begonnen hat, über das Pensionssystem zu diskutieren. (Abg. Meinl-Reisinger: Das waren wir! Zu Recht!) Die breite Masse der Pensionistinnen und Pensionisten ist jetzt plötzlich dafür verantwortlich, dass die Regierung im Kampf gegen die Steuerung versagt hat. Beate Meinl-Reisinger war wenigstens ehrlich, sie hat es schon gesagt, Gerald Loacker hat es gestern schon gesagt: Wir müssen bei den Pensionen kürzen! (Abg. Meinl-Reisinger: Nein, das haben wir nicht gesagt! Nein, das ist eine Lüge! Das ist eine Lüge, Philip!) Das ist die NEOS-Politik, die kennen wir schon recht gut. Das ist die Politik der NEOS. Jetzt seid ihr wenigstens ehrlich. (Beifall bei der SPÖ.)

Die ÖVP redet über Arbeiten bis 67. Ihr tragt gar nichts dazu bei, dass die Menschen auch gesund alt werden können und dass man das reale Pensionsantrittsalter anhebt. Die NEOS waren jetzt wenigstens ehrlich. Und die Freiheitlichen fangen auch schon an, zu schwadronieren und zu überlegen, was man machen könnte. Da hat euer alter Vordenker Karl-Heinz Grasser wieder zugeschlagen, ihr redet jetzt von der dritten Säule und sagt den Leuten: Man muss halt am privaten Kapitalmarkt vorsorgen und schauen, dass man ein paar Euro auf die Seite legt! Das zeigt, wie weit Herbert Kickl vom kleinen Mann entfernt ist. Weil die Leute jetzt gerade im Moment so viel Geld auf der Seite haben, dass man privat noch ordentlich für die Pension ansparen kann?! Das ist die Politik, die wir heute erleben: Die breite Masse wird all das ausbaden müssen.

Es ist kein Zufall, dass diese Debatten in den letzten Tagen und Wochen begonnen haben. Wir brauchen nur in die Vergangenheit zu schauen, wir haben das doch alles schon einmal erlebt. Wenn Kickl und Nehammer in der Regierung sind, wird all das auch in Österreich wieder kommen. Wir haben es schon erlebt: die Selbstbehalte, die eingeführt worden sind; das Zerschlagen der Krankenkassen; die Pensionskürzungen unter Wolfgang Schüssel – das ist alles schon einmal passiert. Es ist kein Zufall, dass diese Debatten bereits wieder beginnen. Unsere Aufgabe wäre es doch, dafür zu sorgen, dass es allen Menschen in diesem Land gut geht, dass niemand zurückgelassen wird. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kickl: Die Sozialisten sind ...! Ja, ja!) – Dass niemand zurückgelassen wird, Herbert Kickl!

All das bildet dieses Budget nicht ab. Und weil du dich so aufregst, Herbert Kickl: Du bist überall dabeigesessen. (Abg. Kickl: Du kriegst schon deine Antwort!) Du warst überall dabei, wo deine Freunde waren. Der Meischberger war schon dein Kumpel und auch der Karl-Heinz Grasser; mit denen bist du zusammengesessen, als sie das Milliardenvermögen an ihre Freunde verscherbelt haben. Du bist neben der Hartinger-Klein auf der Regierungsbank gesessen, als sie die Kassen zerschlagen hat und den Menschen in Österreich das Gesundheitssystem zerstört hat. (Abg. Kickl: Das wird nichts mehr, Philip! Das wird nichts mehr!) Die Worte hätte ich mir damals von dir erwartet. All das droht in Österreich wieder (Beifall bei der SPÖ), und wir können nicht zulassen, dass das Regierungsversagen, die Milliardenschulden, die jetzt entstanden sind, auf dem Rücken der breiten Masse der Bevölkerung ausgebadet werden.

Österreich muss da gerechter sein: Die Menschen mit Millionenvermögen, die einen fairen Beitrag leisten können, werden ihn auch leisten müssen. Dafür müssen wir doch miteinander sorgen: dass es allen Leuten gut geht, dass wir niemanden zurücklassen und es mehr Gerechtigkeit in diesem Land gibt. All das spiegelt dieses Budget leider nicht wider. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf: Schrebergartenpartei Österreichs!)

9.19

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Loacker zu Wort gemeldet. – Bitte.