Parlamentskorrespondenz Nr. 255 vom 14.03.2019

Nowotny: Phase erheblicher Unsicherheit

Aussprache mit OeNB-Chefs Nowotny und Ittner im Finanzausschuss

Wien (PK) – Die globale Expansion verlangsame sich, gleichzeitig nehmen die Unsicherheiten zu, sagte heute der Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), Ewald Nowotny, im Finanzausschuss . Als Risiken nannte er Handelskonflikte, restriktivere Finanzierungsbedingungen sowie den Brexit.

Nowotny und Vizegouverneur Andreas Ittner standen heute zum letzten Mal in ihrer Leitungsfunktion der Nationalbank dem Finanzausschuss Rede und Antwort. Sie erhielten für ihre Arbeit der vergangenen Jahre Lob und anerkennende Worte aller Fraktionen. In Zukunft werde es an Erfahrung mangeln, unterstrich Kai Jan Krainer (SPÖ) in Anbetracht weitreichender Änderungen im Direktorium. Hermann Brückl (FPÖ) konterte, dass das Direktorium auch in Zukunft mit hochrangigen erfahrenen Experten besetzt sein werde.

Deutschland und Italien schwächen die Wirtschaftsdynamik im Euroraum

Ab Mitte 2018 fiel das Wachstum in der Eurozone schwächer aus als erwartet. Konkret lag das BIP-Wachstum bei 1,8%, während es 2017 noch bei 2,4% lag. Verantwortlich macht Nowotny dafür die Abkühlung des externen Umfelds in der zweiten Jahreshälfte sowie schwächere heimische Wachstumstreiber.

Die wirtschaftliche Entwicklung des Euroraums werde insbesondere durch Deutschland und Italien geschwächt. In Deutschland wirken sich einerseits der Einbruch der Automobilindustrie andererseits aber auch strukturelle Probleme aus. Allen voran nannte Nowotny hier die hohe Exporttätigkeit Deutschlands, die zu Abhängigkeit von anderen Ländern führt. Es gelte, die Binnennachfrage zu stärken. Dass Deutschland auf Kosten der Nachbarn gelebt habe, konnte Nowotny gegenüber Bruno Rossmann (JETZT) nicht bestätigen. Durch Importe müsste das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht hergestellt werden, so der Gouverneur. Für Italien gelte derzeit das Prinzip der Hoffnung, konkrete Lösungsansätze konnte er keine erkennen.

Der Euro soll dazu genutzt werden, den Einfluss Europas in der Welt zu stärken, informierte Nowotny über die Initiative der Europäischen Kommission. Dazu sollen die Attraktivität gesteigert, die Nutzung gefördert und Anleihen von EU-Institutionen verankert werden, um so dem US-Dollar Stirn bieten zu können. Im Zahlungsverkehr spiele der Euro bereits jetzt die gleiche Rolle wie der Dollar, unterstrich der Notenbank-Chef.

In Österreich trüben sich die Vertrauensindikatoren weiter ein, erklärte Nowotny anhand mehrerer Indikatoren. Daher wurde die OeNB-Prognose für die erste Jahreshälfte 2019 nach unten korrigiert. Im zweiten Quartal soll das Wachstum durch den Familienbonus Plus bereits wieder stimuliert werden. In Zahlen konnte Nowotny keine Schätzung abgeben, es werde aber jedenfalls Verbesserungen bei der Erwerbstätigkeit von Frauen geben, sagte er. Die NEOS sprachen das das Null-Defizit an, Gerald Loacker hob hervor, dass das Ergebnis aus 2018 durch höhere Einnahmen ermöglicht wurde, aber auch die Ausgaben stiegen gegenüber den Vorjahren.

Ittner: Profitabilität der österreichischen Banken nachhaltig absichern

Die Profitabilität der österreichischen Banken habe sich erholt, zog Vize-Gouverneur Andreas Ittner Bilanz über den Stand der Banken zehn Jahre nach der Krise. Nun gelte es, deren Profitabilität nachhaltig abzusichern. Die Verbesserung sei vor allem dem guten wirtschaftlichen Umfeld geschuldet. Um die Nachhaltigkeit sicherzustellen, seien Effizienzsteigerungen sowie eine Anpassung der Geschäftsmodelle erforderlich.

Die Größe des österreichischen Bankensektors ging seit 2008 deutlich zurück. Die Anzahl der Banken ist um etwa ein Drittel gesunken, unterstrich Ittner und warb dafür, den derzeitigen Rückenwind für weitere Reformanstrengungen zu nutzen. Gerald Loacker machte darauf aufmerksam, dass es mittelfristig, ohne Anhebung der Zinsen, zu Problemen der Banken führen könnte. Diese Meinung teilte Ittner nicht, denn die Banken seien anpassungsfähig. Mehr Relevanz hätte das für die Pensionskassen. Andreas Hanger (ÖVP) sah die Niedrigzinspolitik grundsätzlich als erfolgreich an.

Die Eigenmittelausstattung der österreichischen Banken war trotz Anstieg der Profitabilität zuletzt rückläufig, führte Ittner aus. Diese Entwicklung zeigt in einem Umfeld anziehenden Kreditwachstums (Anstieg der risikogewichteten Aktiva) die Bedeutung der Einbehaltung von Gewinnen zum Kapitalaufbau. Hier eine vernünftige Mischung zu finden, war insbesondere Kai Jan Krainer (SPÖ) ein großes Anliegen.

Regierungsvorlage zur Reform der Bankenaufsicht in Vorbereitung

Laut Nowotny wird an der Reform der Bankenaufsicht gearbeitet, eine Regierungsvorlage werde demnächst dem Parlament übermittelt. Geht es nach Bruno Rossmann (JETZT), so muss die Aufsichtsreform mit "Biss" erfolgen. Er befürchtet, dass die vorgesehenen Beiräte den Fortschritt hemmen könnten. Vorgesehen ist, dass die Bankenaufsicht von der Nationalbank zur Finanzmarktaufsicht wechselt. Katharina Kucharowits (SPÖ) setzte sich in diesem Zusammenhang für die Übernahme der MitarbeiterInnen ein und auch Gerald Loacker zeigte Interesse daran, dass die betroffenen 85 MitarbeiterInnen zur FMA wechseln. SPÖ-Abgeordnete Doris Margreiter hinterfragte die angestrebten Änderungen und sah auch in anderen Systemen Potentiale. Selma Yildirim (ebenso SPÖ) wollte die internationalen Vorgaben zur Bankenaufsicht sichergestellt wissen. Die Entscheidung, die Reform in der jetzigen Form durchzuführen, sei eine politische gewesen, unterstrich Nowotny. Er habe ein anderes System vorgeschlagen, das aber nicht gewählt wurde. Laut Ittner seien die Kriterien international vorgegeben und würden eingehalten, Beiräte dienen der Erleichterung des Informationsflusses, sagte er.

Britische Banken auf Brexit vorbereitet

Über die letzten drei Jahre wurde der Pfund um ein Drittel abgewertet, erfuhr Hermann Brückl (FPÖ) zu den Auswirkungen des Brexit auf den Euro. Die Vorbereitungen der britischen Banken auf alle Varianten des Brexit seien ausreichend, so Nowotny. Problematischer sah er den realwirtschaftlichen Sektor, beispielsweise gebe es vor Ort keine freien Lagerkapazitäten mehr, da die Unternehmen derzeit viel einlagern.

Den Eurobonds steht Finanzminister Hartwig Löger skeptisch gegenüber, erfuhr Bruno Rossmann. Der österreichische Immobilienmarkt sei nicht überbewertet, sagte Nowotny auf Rossmanns Frage. (Fortsetzung Finanzausschuss) gro

HINWEIS: Der Budgetdienst des Parlaments bietet ökonomische Analysen zur Budgetpolitik und zu Vorlagen des Bundesministeriums für Finanzen auf www.parlament.gv.at/fachinfos/budgetdienst . Alle aktuellen Daten zum Budgetvollzug (Monatsberichte) finden Sie auf der Website des Finanzministeriums www.bmf.gv.at .